Prellsteinrennen
...
Am Rande einer Ortschaft der Hersbrucker Schweiz erwarte ich den Angriff der Gegner, wobei ich mit größtmöglicher Ruhe die Spikes auf meine Fußwaffe aufpflanze. Das Dröhnen wird zu einem Grollen! Ich ziehe mein rotes Barette tiefer in die Stirn.
Meine Ohren explodieren!
Stechende Schmerzen in den Waden!
Ein Flankenangriff!!!!
…
Ich wache auf und befinde mich im Bett.
BROOOAAAAHHHAAAAAAA!!!!! Das Grollen bleibt.
Mann eyy! Seit dem Schnee fällt, kann ich viel weniger trainieren, weil ich immer weniger Schlaf finde. Wenn Schnee fällt wird ab halb sechs in meiner Strasse geräumt - auch am Sonntag. Die vielen verschiedenen und findigen Unternehmen fahren dabei immer obskurere Gerätschaften zum beseitigen des Schnees auf. Ich bin mir sicher, dass die Firma, die ab 5:55 Uhr ihren Dienst tut, auf dem osteuropäischen Militärmarkt aktiv war, um dort russische Pionier- und Bergepanzer aufzukaufen. So hört es sich an und deshalb war ich auch schon ein paar Mal kurz davor meine Mickey Mäuse - ein kopfhörerähnlicher Gehörschutz aus meiner Seefahrtszeit - auf meinem Nachttisch zu deponieren.
Das Grollen wird wieder zum Dröhnen. Das Dröhnen zum Kratzen und das Kratzen zum Laut eines Suzuki Jeeps, der scheinbar seine letzten Töne aus dem Auspuff röchelt. An allem was halbwegs nach Jeep ausschaut und noch einen Fahrwerksträger hat, der noch nicht komplett durchgerostet ist, schrauben die ja vorne einen Schneeschieber und hinten einen orangenen Trichter dran. Ein Wunder, das diese Autos die Abwrackprämie überstanden haben.
Eineurojobber, Eineuroauto! Die hätten ein riesen Geschäft gemacht. Haben die Schlauen wahrscheinlich auch. Aber mir ist entgangen, dass die Abwrackprämie auch für ausgemusterte Panzer galt.
Mit dem Winter 2011 sind die Minijeeps aus den fernöstlichen Autohäusern auf jeden Fall von der Bildfläche verschwunden. Auch wenn das Streusalz in Nürnberg zur neige gegangen ist, wird es gereicht haben, um ihnen in 2010 den Garaus zu machen. Das kriegen nicht mal mehr die Afrikaner überpinselt. In 2011 gibt es angesichts der knapper werdenden Finanzmittel dann wahrscheinlich Variationen aus halbmotorisierten Fahrrädern und recycelten Kettcars deren Bug ein 2€-Baumarkt-Scheeschieber ziert und die von 1€-Jobbern gesteuert werden, die einen orangene Rucksack mit nem kleinem Loch unten tragen.
Genug des Ausblicks! Mit den letzten Vibrationen des Bergepanzers schäle ich mich aus dem Bett.
Aua! Ist der Panzer doch über meine Waden gefahren?
Ach ne, Kacke!
Ich war gestern bei nem Umzug dabei.
5er Stock, enges Treppenhaus, kein Fahrstuhl, vier gestandene Männer und ein proppenvoller 7,5 Tonner ist wohl das beste Treppentraining, was man machen kann.
Danach sollte man halt eine Woche Whirlpool buchen, aber nicht das Prellsteinrennen bestreiten wollen.
Ich humpele ins Bad und verfluche vorsorglich noch mal den Panzerfahrer samt Gefährt! Ne halbe Stunde länger schlafen und meine Waden wären sicher regeneriert! So ´ne Scheiße!
Frühstück, Zeitung und den ganzen Vorbereitungskram erspar ich Euch an dieser stelle und steige wieder ein, als ich mit dem Auto in Pommelsbrunn den Abzweig Richtung Heuchling nehme. Ich komme mir vor als ob ich nach Südtirol zum Skifahren anreise. Rechts und links meterhohe Schneewände. Die Strasse ist nur noch so breit wie eineinhalb Autos. Dafür ist mein Hirn total breit. Was mach ich hier eigentlich? Ich habe keine Ski dabei, an meinem Zielort gibt es genauso wenig Tiroler Speck wie Lifte, der Schnee ist im Schnitt 30cm hoch und jeder Druck auf Kupplung, Bremse und Gas verursacht Schmerzen.
Und Du willst jetzt hier 12 km durch die Hersbrucker Schweiz laufen? Vollpfosten!
Der Ort Heuchling ist auf Häuser, Schneehaufen, ein paar Parkplätze, eine Wirtschaft und ein Pavillon mit Start-Ziel Beschriftung reduziert. Der Service ist klasse. Von einem freundlichen älteren Herrn wird mir ein persönlicher Parkplatz neben dem Pavillon zugewiesen. „Da ist noch einer frei!“. Bei Temperaturen knapp über -10°C steht man nicht gerne draußen.
Ab in die Wirtschaft! Ich schaue mich um und staune. Knallbunte Laufleggins mit Pfauenfedernmuster habe ich noch nie gesehen. Spontan fühle ich mich jünger und finde dabei Conny teetrinkend an einem Tisch. Er hat mich zu diesem Rennen quasi überredet. Es kommen immer mehr Leute und ich erfahre langsam auf was ich mich eingelassen habe.
Das Prellsteinrennen wird schon seit 1960 ununterbrochen veranstaltet. Heute ist das 50ste Mal. Es ist ein Mannschaftslauf, bei dem die ersten zwei eines komplett gefinishten 3er-Teams gewertet werden. Eine weitere Besonderheit ist, dass man sich aussuchen kann, ob man auf Langlaufski oder per Pedes die Strecke bewältigen will. Gewertet wird alles gleich. Die Verrücktheit dieser Veranstaltung möchte ich auch noch am Beispiel ein paar früherer Rennvarianten erläutern. So musste man einmal über das Klettergerüst eines Spielplatzes, was natürlich nachteilig für die Langläufer war, klettern oder auch mal eine Korb mit Äpfeln (Im Januar!!) während des Rennens pflücken …. mein Hirn ist eine 6-spurrige Autobahn. Ich fühle mich wohl und finde ein Team, dem ich mich anschließen kann. Die Vorbereitungen beginnen ….
Fortsetzung folgt ... vielleicht ;-)
prell-b-l-a-u